Servus an alle Leser,

ich freue mich, dass ich mich im Rahmen der DLAXN Interview-Serie vorstellen darf. Ich heiße Peter Wittmann und bin Spielertrainer der Tribesmen Erlangen.

Von Lacrosse habe ich erstmals 2006 bei einem Austauschjahr in Vermont gehört, wo ich in der Highschool auch erste Erfahrung sammeln konnte.

Nachdem in Hilpoltstein, meiner Heimat, auch sonst niemand zuvor von Lacrosse gehört hatte, begnügte ich mich meine restliche Schulzeit und während meines Zivildienstes eben wieder mit Fußball.

Als ich jedoch zum Maschinenbaustudium nach Erlangen zog, stand ich ab dem ersten Tag wieder mit Helm und Schläger auf dem Feld. Seitdem habe ich kein einziges Training mehr verpasst.

Heute arbeite ich als Entwickler bei den Siemens Healthineers und suche immer nach einem fleißigen Praktikanten, Werkstudenten oder Ähnlichem im Bereich der Ingenieurwissenschaften, der Lust hätte nebenher ein bisschen Lacrosse in Erlangen zu spielen. Also immer her mit den Bewerbungen!

Du rutscht etwas aus unserer Reihe hinaus, weil du erstens der bislang einzige Deutsche bist und zweitens Spielercoach. Warum hast du diese Rolle angenommen und inwiefern hat sie dich als Spieler verändert?

Als ich in Erlangen anfing, waren wir eine recht überschaubare Truppe. Die meisten hatten wenig Erfahrung, aber mit viel Leidenschaft haben wir uns die Grundlagen eben selbst beigebracht.

Trainiert wurde das Team von Mathis Dollinger (heute Nürnberg Wizards), der seinen Job vor allem in Sachen Motivation und Teamgefüge super machte. Als er nach einiger Zeit wegen der Arbeit immer weniger Zeit hatte, hat er Stück für Stück einige Aufgaben an mich übergeben. Ich brannte für Lacrosse und hatte irrsinnig viel Spaß daran, im Training neue Übungen einzubringen. Manchmal mit, aber häufig auch ohne Erfolg…

Wie man aber so schön sagt: Aus Fehlern lernt man.

Sicher habe ich dieselben Fehler gemacht wie schon viele vor mir. Jedoch war ich in der Trainerrolle nun gezwungen zu analysieren und zu überlegen wie sich bestimmte Dinge verbessern lassen. Also fing ich an mir zu überlegen was sinnvoll ist und nicht nur das zu machen was Paul Rabil oder Casey Powell auf Youtube von sich geben.

Eine weitere Pflicht, welche das Amt des Trainers mit sich bringt ist, dass man ein gewisses Vorbild für sein Team vorleben muss. Das heißt vor allem zuverlässige Anwesenheit, Einsatzbereitschaft im Training und ein hohes Maß an Frustrationstoleranz. Diese Aufgaben haben nicht nur mein Training, sondern auch mich als Spieler geprägt.

Erlangen gehörte in Vergangenheit eher zu den „Underdogs“ aber letzte und diese Saison sind anders was hat sich verändert?

Ehrlich gesagt hat sich gar nicht so viel verändert. Wir sind nur standhaft geblieben über die Zeiten als man auch mal nur mit 4-5 Mann im Training stand.

Über die Zeit haben wir nach und nach einen größeren Spielerstamm in Erlangen halten können, worauf wir nun jedes Jahr aufbauen. Auch vor drei Jahren hatten wir bereits viele unserer Leistungsträger.

Der Unterschied ist der, dass wir über die Jahre die Kadertiefe deutlich verstärkt haben und sich somit die Aufgaben auf und neben dem Feld auf mehr Personen verteilen. Am Ende der letzten Saison hatten zum Beispiel unsere sieben besten Torschützen alle fast gleich viele Tore geschossen. Das macht eine Mannschaft wie uns deutlich unberechenbarer als vorher. Aktuell stehen wir auf Platz 1 in der Südliga und haben tatsächlich die Chance auf die Herbstmeisterschaft. Allerdings müssen wir noch in Stuttgart ran, wo wir in den vergangenen Jahren des Öfteren zerlegt wurden. Die Rolle des „Underdogs“ würde ich uns dennoch nicht absprechen, denn die Leute lieben „Underdogs“!

Wir hatten bisher fast nur Coaches in größeren Städten interviewt. Wo liegen die Vorteile/Nachteile eine kleinere Stadt mit vielen Studenten zu coachen?

Welchen Vorteil es hat in Erlangen zu coachen, das kann ich spontan nicht sagen. Welche Vorteile es hat hier zu spielen und zu leben schon. Die Lebensqualität ist hier besonders groß und der Umgang miteinander ist sehr familiär. Auch die Größe der Stadt hat einige Vorteile. Sie ist nicht zu klein, dass man behaupten kann hier sei nicht „der Hund verreckt“, dennoch bekommen wir beim Lacrosse mittlerweile eine vergleichbar hohe Aufmerksamkeit in den Medien.

Als Nachteil würde ich anführen, dass wir trotz stabiler Basis auch einen hohen Studentenanteil haben, die zum einen häufig in den Semesterferien abwesend sind und zum anderen nach ihrem Studium häufig zurück in ihre Heimat ziehen. Natürlich arbeiten wir intern aber auf Hochtouren, um unseren Jungs und Mädels eine erfolgreiche Zukunft in Erlangen zu vermitteln.

Als Nationalmannschaftspieler bringst du einiges an Erfahrung mit. Wie versuchst du dieses Wissen am besten zu vermitteln und woran scheitert es manchmal?

Die Zeit mit der Nationalmannschaft ist für mich natürlich Gold wert. Es ist für mich die einzige Möglichkeit selbst einmal von jemandem gecoacht zu werden, Anweisungen entgegen zu nehmen oder auch mal ein scharfes Wort zu verkraften. Daraus und aufgrund der starken Competition gegen die wir in den letzten Jahren antreten durften, konnte ich als Spieler enorm profitieren.

Auch als Trainer konnte ich wiederum sehr viel mitnehmen, wobei man aufpassen muss nicht wieder dieselben Fehler zu machen wie zu Beginn der Trainerlaufbahn, weil man versucht einem Anfänger Profi-Lacrosse beizubringen. Man muss die Inhalte auf das Durchschnittsniveau seiner Spieler anpassen. Meiner Meinung nach kann die Mannschaft als ganzes nur so stärker werden. Auch aufgrund der Spieleranzahl kann ich die meisten Übungen aus den Wochenenden mit der Nationalmannschaft nicht 1 zu 1 verwenden. Obwohl wir schon auf eine stabile Trainingsbeteiligung mit Durchschnittlich 15-20 Mann kommen.

Wie wichtig schätzt du eine gute Teamchemie neben/auf dem Feld ein und was macht ihr als Team um diese zu stärken?

Klar finde ich eine gute Teamchemie wichtig. Meine besten Freunde habe ich auch teilweise beim Lacrosse kennen gelernt. Es ist eben etwas anderes ob man seinen Freundeskreis beispielsweise über das Studium oder die Arbeit kennen lernt, wo jeder den gleichen Weg geht, oder über Lacrosse, wo Menschen aufeinander treffen die im Alltag komplett verschiedenen Dingen nachgehen, aber durch die gleiche Leidenschaft verbunden sind.

Wir veranstalten schon einige Events und schmeißen hier und da zusammen eine Party. Trotzdem versuchen wir es auch nicht zu übertreiben und irgendetwas zu erzwingen. Ich finde es wichtig, dass die Leute auch andere Hobbies aufrechterhalten. Profiliert man sich nur übers Lacrosse, kann das auch schnell in die andere Richtung kippen und man verliert die Lust.

Was war das größte Lacrosse Highlight deiner Karriere?

Die größten Highlights meiner Karriere haben sich in den letzten beiden Jahren ständig die Hand gegeben. Zunächst war das die USA-Reise mit dem Trainingskader der Nationalmannschaft im Herbst 2017.

Wir kamen zwar gut unter die Räder, dennoch war das gesamte Event eine super Erfahrung mit vielen kleinen Highlights. Zum Beispiel habe ich bei der 17:1 Klatsche gegen Merrimack (DII National Champions 2018) das Tor erzielt. Auch wenn es ziemlich hässlich war, war es trotzdem ein echt gutes Gefühl.

Danach kam das bisherige Highlight meiner Karriere als Spielertrainer mit meinen Jungs aus Erlangen. Wir haben erstmals die Playoffs erreicht und ich denke wir haben eine sehr ordentliche Leistung abgeliefert, wonach einige erstmal geschaut haben wo Erlangen überhaupt liegt. Hier gilt es natürlich auch in dieser Saison wieder anzuknüpfen. Aber wie ihr wisst, wir sind immer noch die „Underdogs“.

Danach kam natürlich die WM in Israel. Tatsächlich einmal als Nationalspieler auflaufen war für mich schon immer ein Traum. Dass das bei der größten WM jemals und dann auch noch in einem solch spannenden Land gelingt, das war der Wahnsinn.

Vielen Dank für das Interview!